ANGEL OF CHANDELIER
Collection of Stories Angel of Chandelier consists of ten short stories. A human being, relationships, reality, mystics, imagery reality, - are the main topics covered in the stories. Main characters exist in parallel world of daily routine and ordinary problems. Protagonists of Rostiashvili’s prose frequently invent their own, more interesting obstacles, to make their everyday boring life more magic and dynamic. Often they try to change their attitude towards little details of life, percept them from surprising perspective and put a question: why should someone sit all day, bored, near the window, causing everyone’s sympathy, when there is a possibility to jump barefoot on a sofa and try to fly. Why should someone believe in everybody’s similarity when if to observe thoroughly one can find out that some people have even no shadow, or why a human being should not know how to light a cigarette, when there is no lighter or matches around? Natia Rostiashvili’s debut book is a book - mirror, a space where the reader is alone, standing face to face to her/himself and can observe things, that, most likely we never discuss out laud.
EXTRACT
Translated into German by Rusudan Pkhakadze
Tutia riss Lottoscheine mehrfach in der Mitte so lange entzwei, bis auf ihnen nur noch die Reißfläche zu ertasten war.
„Na, Mädel, wie lief‘s? Wieder nichts?“ rief der Vater aus dem Garten mit verkrampfter Stimme.
„Nichts.“ Lustlos warf sie ihre Antwort aus dem Fenster.
„Na, ... wie war’s?“
Anscheinend fand ihre Antwort nicht den Weg durch die Fensteröffnung. Tutia war nicht zielsicher, weder beim „Worte-aus-dem-Fenster-werfen“, noch bei ihrer Lebensplanung... Für ihre Familie war es allerdings längst zum Lebensziel geworden, auf Lottogewinne zu hoffen, um die Schulden beim Nachbarn zurückzahlen zu können. Dabei ist es auch Ironie des Schicksals, dass der Nachbar Schulde hieß. „Schulden bei Herrn Schulde“ klang zwar poetisch, war jedoch keinerlei Erleichterung für die Schuldner. Die Existenz von Herrn Schulde ekelte Tutia noch mehr an als die der Schulden selbst. Ihren Eltern ging es hingegen anders – ihnen vergiftete eher die Tatsache – Schulden zu haben - den Alltag. Ansonsten war Herr Schulde ihre Rettung.
Anfangs war es der Vater, der zum reichsten Mann des Dorfes ging, um Geld zu leihen. Nach und nach schämte er sich und dann schickte er Tutia zu ihm. Irgendwie hatte Herr Schulde einen anstößigen Blick. Er musterte Tutia von oben bis unten, sodass sie glaubte, ihre Kleidung müsse durchsichtig geworden sein, und den Impuls verspürte, sich mit den Händen zu bedecken. Zu Hause sagte sie nichts. Sie war einsam neben ihren Eltern.
„Nichts!“ Diesmal steckte Tutia den Kopf zum Fenster hinaus. Ihre Antwort traf nun genau ins Ziel.
„Pfui...!“ entfuhr es dem Vater und er rammte die Axt tief in den Boden.
‚Warum sind meine Eltern so ratlos, glücklos, erbärmlich...?‘ Tutia blickte zur Zimmerdecke empor. Ihr einziger Freund hing mit Rosshaar verknotet vom Kronleuchter herab und schaukelte ein wenig. Solange Tutia denken konnte, hing diese Engelsfigur dort, und wenn Tutia mit ihr sprach, bewegte sie sich etwas. Auf beiden Schultern waren „Narben“ sichtbar. Einmal waren die Flügel abgebrochen, dann hat man sie wieder angeklebt – man gönnte der Figur kein Menschendasein.
‚Den anderen Kindern geben ihre Eltern Geld und schicken sie ins Ausland zum Studium, meine Eltern aber schicken mich zu Herrn Schulde, um Geld zu leihen...‘ (See PDF)
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